1.
Voruntersuchungen: Sekundäranalyse
und Qualitative Erhebung in den A-priori-Segmenten
2. Hauptuntersuchung:
Präferenzmessung mittels ACA- und CBC-Befragung an der Uni
Bielefeld
3. Überprüfung
von Analyse- und Simulationsrahmen über Conjoint-Analyse an
der BTU Cottbus
4. Ergebnisanalyse
und Marktsimulationen
5.
Ableitung von
Handlungsempfehlungen und
allgemeingültigen Implikationen
Voruntersuchungen:
Sekundäranalyse und Qualitative Erhebung in den A-priori-Segmenten
Zu Beginn des Projektes (Laufzeit 01.03.2004 - 28.02.2006) wurde
im Rahmen der Voruntersuchungsphase zunächst eine zweiteilige
Sekundäranalyse durchgeführt. In einem ersten Schritt
wurden dabei projektrelevante Publikationen hinsichtlich bereits
gemachter Erfahrungen bei der Auswahl von Leistungsmerkmalen und
der Erstellung des Erhebungsdesigns ausgewertet. Dabei stellte sich
heraus, dass bisher keine vergleichbaren Untersuchungen im Bibliotheksbereich
durchgeführt wurden. In einem weiteren Schritt wurden aktuelle
Positionspapiere und Leitbilder von größeren wissenschaftlichen
Bibliotheken auf internationaler Ebene analysiert, um neuere, zukunftsgerichtete
Entwicklungen im Dienstleistungsbereich als potenzielle Merkmale
oder Ausprägungen für die Conjoint-Untersuchung zu erfassen.
Da die strategische Ausrichtung von Bibliotheken naturgemäß
eher auf abstrakter Ebene beschrieben wird und die entsprechenden
Dokumente daher zumeist nur wenige konkrete Praxisbezüge beinhalten,
wurden zusätzlich auch Fachzeitschriften und Internetdatenbanken
in Hinblick auf aktuelle Entwicklungen ausgewertet. Die auf diese
Weise gesammelten Ideen für neue Bibliotheksdienstleistungen
wurden ergänzt und (durch den zweiten Teil der Voruntersuchung,
die qualitativen Erhebungen in den a-priori-Segmenten) in Ihrer
Relevanz bestätigt. Nach einer vorgeschalteten statistischen
Auswertung von Bibliotheksnutzungsdaten (aus Bielefeld) wurden die
unterschiedlichen Nutzergruppen (Studierende, Wissenschaftlicher
Mittelbau, Professoren und Privatdozenten, Verwaltungsangehörige,
Stadt- und Regionalnutzer) mit Hilfe verschiedener Befragungstechniken
in den Prozess der Ideengenerierung eingebunden. Es wurden intensive
Expertengespräche geführt, E-Mail-Umfragen gestartet sowie,
durch Einbeziehung von Studierenden des Lehrstuhls für BWL,
insb. Marketing an der Universität Bielefeld, weitergehende
Interviews auch an anderen Universitätsbibliotheken durchgeführt
(Stichprobengröße N=1349). Darüber hinaus wurden
Brainstorming-Workshops mit wissenschaftlichen Mitarbeitern und
ausgewählten Bibliotheksmitarbeitern in Bielefeld und Cottbus
sowie an der Kansas State University Manhattan (durch die dortigen
Mitarbeiter) durchgeführt. In der Summe führten diese
Maßnahmen zur Formulierung von insgesamt 260 neuen Ideen für
Bibliotheksservices. Aufgrund ihrer Genese sind diese Ideen teilweise
von der Situation großer Freihandbibliotheken wie der Universitätsbibliothek
Bielefeld beeinflusst. Ein beträchtlicher Teil dieser Ideen
ist aber dennoch in einem gewissen Umfang auch auf Magazinbibliotheken
übertragbar. Viele der auf diese Weise ermittelten Ideen entstammen
dabei gleichzeitig mehreren der genannten Quellen, was als Bestätigung
für die Wichtigkeit und Relevanz der betreffenden Aspekte gewertet
werden kann. Außerdem hat die Anzahl gänzlich neuer Ideen
mit der Zeit abgenommen bzw. stieg die Rate an Wiederholungen derselben
Ideen in den Workshops. Dies kann als Hinweis auf die Vollständigkeit
der Erhebung und das Erreichen eines gewissen Sättigungsgrades
angesehen werden. Die neuen Serviceideen wurden in einer Datenbank
zusammengefasst und anhand einer eigens zu diesem Zweck entwickelten
Kategorisierung strukturiert. Zum Abschluss wurden die Ideen im
Rahmen einer intensiven Diskussion an der Johns Hopkins University
(Baltimore, USA) validiert.
Hauptuntersuchung:
Präferenzmessung mittels ACA- und CBC-Befragung an der Uni
Bielefeld
Die Hauptuntersuchung des Projektes ProSeBiCA startete mit der Auswahl
und Komposition der in der ACA-Befragung zu untersuchenden Servicemerkmale
und -ausprägungen sowie der Konkretisierung des Erhebungsdesigns.
Als Plattform zur dynamischen Generierung der Online-Fragebögen
wurde das häufig verwendete Produkt der Firma Sawtooth Software
eingesetzt. Aufgrund der Komplexität der vom Nutzer zu bewertenden
Services fiel frühzeitig die Entscheidung, zusätzlich
zur verbalen Beschreibung, auch unterstützende Visualisierungen
in den Fragebögen einzusetzen. Da es sich bei etlichen Services
um bisher noch nicht existierende Dienstleistungen handelte, wurden
bildhaft erklärende Fotomontagen entwickelt:
Die
Durchführung eines Pretests Anfang Oktober 2004 bestätigte
die Zweckmäßigkeit dieser Herangehensweise. Mit dem Start
der ACA-Befragung am 13. Oktober 2004 wurde außerdem ein Gewinnspiel
für die Nutzer online gestellt, das mit dem Fragebogen verbunden
war. Eine einführende Animation, die über die Möglichkeit
eines Gewinns informierte, wurde dem eigentlichen Befragungssystem
vorgeschaltet, das Gewinnformular zur Teilnahme an der Verlosung
(von gesponserten CDs, Theaterkarten und Fitnessverträgen)
wurde nach dem letzten Befragungsteil eingebunden. Durch den Einsatz
von attraktiven Visualisierungen, Animationen und Gewinnmöglichkeiten,
vor allem aber auch durch den Einsatz von proaktiv für die
Untersuchung werbenden studentischen Hilfskräften sollte die
Motivation der Nutzer, an der Untersuchung teilzunehmen, sowohl
intrinsisch als auch extrinsisch beeinflusst werden. Die mit Ende
der ersten Untersuchung am 10. Dezember 2004 erreichte Stichprobengröße
von N=2120 unterstrich die Zweckmäßigkeit dieser Erhebungsstrategie
(Dauer der Befragung: 8 Wochen).
Der
strategische Aspekt wurde ebenfalls im Rahmen einer Conjoint-Untersuchung
und unter Verwendung der Sawtooth Software, untersucht. Während
in der ersten Stufe der Präferenzmessung also konkrete Serviceangebote
über eine ACA abgefragt wurden, wurden in der zweiten Phase
allgemeine Serviceausrichtungen als ganzheitliche Alternativen über
CBC abgefragt:
Die Festlegung
des Untersuchungsdesigns für die CBC erfolgte dabei in Abstimmung
mit der Direktion der Universitätsbibliothek über Abstraktion
und Zusammenfassung der Ebenen möglicher konkreter Serviceausrichtungen.
Wie bei der ACA-Befragung konnte über unterstützende Rahmenbedingungen
wie Gewinne und aktive Ansprache der Nutzer zur Erhöhung der
Stichprobengröße beigetragen werden (N=1672, Zeitraum
04.05.2005 – 30.06.2005). Darstellungsform und Motivationsinstrumente
zur Teilnahme waren identisch zur ACA-Befragung.
Überprüfung
von Analyse- und Simulationsrahmen über Conjoint-Analyse an
der BTU Cottbus
Der erste Einsatz des in Bielefeld neu entwickelten Untersuchungsrahmens
erfolgte Ende 2005 als Pilotprojekt an der Brandenburgischen Technischen
Universität (BTU) Cottbus. Um eine weitestgehende Übertragbarkeit
der abzufragenden Serviceausprägungen von Bielefeld nach Cottbus
zu gewährleisten, wurde die dortige Universitätsbibliothek
bzw. das (heutige) IKMZ frühzeitig eingebunden und am Prozess
der Ideengenerierung beteiligt. Bezüglich der konkreten Durchführung
der Untersuchung in Cottbus wurde darüber hinaus auf konzeptioneller
und organisatorischer Ebene auch der Lehrstuhl für allgemeine
BWL und Besondere des Marketing und des Innovationsmanagement der
BTU Cottbus integriert. Die technische Umsetzung der Befragung erfolgte
in Bielefeld und wurde auch von dort gehostet und administrativ
betreut. Aufgrund des hohen Anteils ausländischer Studierender
in Cottbus wurde die Untersuchung sowohl auf Deutsch als auch auf
Englisch angeboten. Im deutschen Untersuchungsteil wurde neben den
vier leicht modifizierten inhaltlichen Bereichen der Bielefelder
ACA (Kommunikation, Medienbereitstellung, Lern- und Arbeitsraum,
Zusatzdienste) auch die Bielefelder CBC implementiert. Die Untersuchung
startete am 3. November 2005 und konnte am 4. Januar 2006 mit einer
Stichprobengröße von N=1127 beendet werden. Wie bei den
Bielefelder Untersuchungen war auch hier die Stichprobengröße
das Ergebnis intensiver proaktiver Werbung (Gewinnspiel, persönliche
Ansprache, prominente Verlinkung etc.).
Ergebnisanalyse
und Marktsimulation
Die Rohdaten der Befragungen wurden jeweils zeitnah ausgewertet
und analysiert, wobei hierbei generell unterschiedliche Betrachtungsebenen
in die Analyse einbezogen werden konnten. So wurden auf einer ersten
Ebene Analysen jeweils für die Gesamtstichprobe durchgeführt
und allgemeine Schlussfolgerungen für diese abgeleitet. Auf
einer zweiten Betrachtungsebene war vor allem die differenzierte
Auswertung der verschiedenen a-priori bekannten Segmente (Studierende,
Wissenschaftler und Andere) in Hinblick auf signifikante Unterschiede
in ihren Präferenzen interessant. Weiterhin konnten auf einer
dritten Betrachtungsebene Benefit-Segmente (Nutzensegmente) gebildet
werden, welche unabhängig von der A-priori-Zugehörigkeit
die Befragten in völlig neue Gruppen zusammenfassen, die (innerhalb
der Gruppen) jeweils ähnliche Nutzenurteile bezüglich
der einzelnen Ausprägungen aufweisen und sich auf diese Weise
also charakterisieren lassen. Diese Art der Analyse, die für
Bibliotheken noch eine sehr ungewohnte Form der Betrachtung darstellt,
ist für die Identifikation neuer Nutzertypen und deren gezielte
Ansprache sehr hilfreich. Die entsprechenden Auswertungen wurden
anhand von SSI Web, SAS und SPSS vorgenommen..
Ableitung
von Handlungsempfehlungen
und allgemeingültigen Implikationen
Als Ergebnis dieser Phase konnte festgestellt werden, dass eine
unmittelbare Ableitung von Handlungsempfehlungen für andere
Universitätsbibliotheken, im Sinne konkreter zu empfehlender
Services mit generell hohem Nutzenwert, nicht erfolgen kann. Die
ACA-Untersuchungen in Cottbus und Bielefeld haben deutlich gezeigt,
dass an den beiden untersuchten Standorten durchaus unterschiedliche
Präferenzstrukturen vorliegen. Abhängig vom jeweiligen
Umfeld, der Ausstattung der Bibliothek bzw. dem dortigen Ist-Zustand
werden also auch entsprechend unterschiedliche Services präferiert.
Eine auf die jeweilige Infrastruktur abgestimmte Untersuchung am
jeweiligen Standort durchzuführen bleibt also unabdingbar,
wenn Bibliotheken repräsentative Erkenntnisse über Servicepräferenzen
Ihrer Nutzer gewinnen wollen. Sehr viel eher lassen sich hingegen
die Ergebnisse der beiden nicht an konkreten Services, sondern an
strategischen Ausrichtungen orientierten CBC-Untersuchungen generalisieren.
Auf dieser eher abstrakten Ebene der Dienstleistungsausrichtung
scheinen die jeweiligen gegebenen Bibliotheksspezifika keinen größeren
Einfluss auf die Präferenzbildung gehabt zu haben. Die CBC-Ergebnisse
aus Cottbus und Bielefeld sind vergleichbar und scheinen somit durchaus
auch auf andere Bibliotheken übertragbar zu sein.
Für eine
Einsicht in die empirischen Ergebnisse und Auswertungen des Projekts
ProSeBiCA rufen Sie bitte die entsprechenden PDF-Datenblätter
im Bereich Ergebnisse auf.
Ein Leitfaden
zur Durchführung einer Conjoint-Analyse findet sich dort ebenfalls.